Erinnerung

Regen und die Erinnerung an den Ur-Ur-Opa

Der Ur-Ur-Großvater war Missionar: Jens Peter Iven, Pressesprecher der EKiR.
Der Präses, seine Ehefrau und der Ökumene-Oberkirchenrat besuchen derzeit die Kirchen in Indonesien. Mit von der Partie: Pressesprecher Jens Peter Iven. Er erinnert sich an seinen Ur-Ur-Großvater, der Missionar in Indonesien war.
Woran erkennt man hier kirchliche Einrichtungen, in denen Frauen die wirkliche Verantwortung tragen? Antwort: Haus, Hof und Garten sind sauber, gepflegt und in Schuss. Und so aufgeräumt wie ihre Einrichtungen sind auch die Leiterinnen selbst. Sie wissen, was sie können und was sie wollen. Herrlich!
Vom Ufer des Toba-Sees - ja, auf dem Globus in Sumatra ganz im Norden klitzeklein zu erkennen - schlängeln sich schmale Straßen ein bisschen ins Landesinnere. Selbst weggebrochene Brückenmauern und Büffel auf der Straße sollten einen nicht an Geschwindigkeiten zwischen 80 und 120 km/h hindern.
Am Fenster vorbeiziehende Reisfelder, der tropische Wald und der strahlend blaue Himmel. Gott, was für ein schöne Stück Erde!! Welch ein Paradies! Was für ein Schatz!
Viele der Holzhütten in den Dörfern und entlang der Landstraßen machen nicht den Eindruck, als würden sie dem nächsten stärkeren tropischen Windhauch standhalten; von den Stürmen ganz zu schweigen. Im tropischen Winter ist es abends empfindlich kühl in den kargen Schuppen. Wenn es draußen tagelang regnet, wird auch drinnen kein Kleidungsstück mehr richtig trocken. Dann hängen grauen Wolken und Nebelschwaden tief in den Tälern im Gebirge rund um den See. Die Straßen werden zu reißenden Strömen, die Flüsse sowieso. Alles fließt - nur der elektrische Strom nicht mehr. Also sorgt selbst das Satelliten-TV nicht für Abwechslung.
Ludwig Ingwer Nommensen, der erste Sumatra-Missionar, den die Rheinische Missionsgesellschaft 1862 ins Land der Batak geschickt hat, hat es von seinen Mit-Missionaren verlangt und selbst vorgelebt: das Leben in den gleichen einfachen Verhältnissen wie die Menschen hier - vor mehr als 140 Jahren.
Nicht weit von hier, in Singompulon, hat Julius Lange Fürchtegott Christiansen von 1873 an gelebt und missioniert. Ist es ihm leicht gefallen, die strengen Regeln des Missionspioniers Nommensen, der wie er auf der Hallig Nordstrandischmoor geboren wurde, zu akzeptieren? Hat er verstanden, dass man die Menschen nicht überzeugen kann, wenn man sich nicht ganz und gar auf sie einlässt? Dass man ihnen nur etwas von Gottes Liebe zu den Menschen erzählen kann, wenn man sie diese auch ganz praktisch erleben lässt? Nur dann, wenn man ihre Krankheiten heilt, ihnen das Lesen und Schreiben beibringt, ihnen hilft, ein Handwerk zu lernen? Wenn man ihnen hilft sich selbst zu helfen. So wie Nommensen, den die Leute hier noch immer fast wie einen evangelischen Heiligen verehren.
Ich denke in diesen Tagen oft darüber nach, ob mein Ur-Ur-Großvater Christiansen, der hier mit einem Jahr Unterbrechung bis 1906 gelebt hat, ein guter Missionar war. Hat er die Menschen als gleichwertige Menschen gesehen? Aus seinen Berichten an die Missionsgesellschaft in Wuppertal, von denen ich allerdings längst noch nicht alle gelesen habe, wird so wenig von dem Menschen im Missionar deutlich. Trotzdem begegnet er mir in Gedanken hier immer wieder. Sein Sohn Christian ist hier geboren, hat mit den Kindern hier gespielt, ehe er im Alter von sechs Jahren mit dem Schiff in die Heimat nach Deutschland zur Schule geschickt wurde. In die Heimat?
War seine Heimat nicht hier? Hat nicht vielleicht schon der kleine Junge Land und Leute so ins Herz geschlossen wie ich? Hat er sich später in seiner Kohlenhandlung nicht manchmal zurück gesehnt? Auf meinen Wegen hier gehen viele Fragen mit, während aus dem dunklen Nachthimmel warmer Tropenregen unaufhörlich fällt. (Jens Peter Iven 29.07.2004.)

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